Ausstellung

„Die Welt ist mir nichts mehr als Stoff der Poesie…“

Was für ein Mensch war Friedrich Rückert? Was bewegte den aus Schweinfurt stammenden und in Oberlauringen aufgewachsenen Dichter und Denker, der ein ausgesprochener Familienmensch und genialer Sprachkünstler war? Seine dichterische Inspiration, seine poetischen Quellen versiegten zeitlebens nie – und mit Oberlauringen verbanden ihn tief wurzelnde Erinnerungen, die er in lyrischen Zyklen fasste.

Die Pforten öffnen sich, treten Sie ein in den Dichterkosmos und wagen Sie eine poetische Entdeckungsreise, die Sie zurückführt bis in die Kindheitsjahre in Oberlauringen vor über 200 Jahren…

Als „Freimund Reimar“ debütierte Friedrich Rückert im Jahr 1813 mit poetischem Säbelgerassel und als versierter „Maulkämpfer“, der lieber die Feder als das Schwert zückte. Sein patriotisches Engagement war dichterisch, seine politische Haltung erst romantisch, später visionär und weltoffen. Einmal eingeführt und protegiert fand sich der junge Dichter schnell zurecht „unter Künstlern und Gelehrten“. Er erweiterte seinen Freundes- und Gönnerkreis durch den Besuch der Tafelrunde auf der Bettenburg und eine Reise, die ihn nach Rom und Wien führte. Dort festigte er seine Kenntnisse in den orientalischen Sprachen, was ihm – dem Dichter – schließlich einen Brotberuf als „Professor“, einbrachte und den Unterhalt seiner wachsenden Familie sicherte. Friedrich Rückert fühlte sich ausgesprochen wohl im Kreise seiner Familie, er liebte seine Frau Luise und die gemeinsame Kinderschar von ganzem Herzen. Am Verlust seiner beiden Kinder Ernst und Luise litt er besonders. Als „Kindertotenlieder“ wurden fünf seiner Klagegedichte später von Gustav Mahler in einem Zyklus vertont. Bis heute wirkt Friedrich Rückert als „Muse der Musik“, begegnet in Denkmälern und ist Kult bei Namensgebungen von Straßen und Schulen.

Geprägt wurde der Dichter von der Kindheit, die er in Oberlauringen verbracht hatte. Er war 41 Jahre alt, als er seine daran unter dem Titel „Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannsohnes“ 1829 in Versform niederschrieb. Warum Oberlauringen? Im Jahr 1793 waren seine Eltern mit den drei Kindern hierher gezogen, weil der Vater eine Stelle als Amtmann angenommen hatte. Als Jurist war er fortan für die Verwaltung, die Erhebung von Steuern und allerlei Rechtgeschäfte zuständig. Das Verhältnis zu seinem Dienstherrn, dem Reichsritter Karl August Freiherr Truchseß von Wetzhausen, war schwierig: „Herrschen und dienen“ wurden zu zwei Gegensatzpaaren, die nicht zueinander passen wollten. Schuld daran trugen auch die großen politischen Krisen, die diese Umbruchszeit prägten: Die napoleonischen Kriege erfassten Franken und auch das Dorf Oberlauringen, die folgende Not und die Steuerlast zehrten an den Untertanen, das Fürstbistum Würzburg wurde säkularisiert – und der Amtmann zog sich in all diesen Wirren den Tadel seines Dienstherrn zu, der mit der Kündigung endete. Von positiven Erinnerungen getragen sind dagegen die Dichtungen rund um die Begegnungen mit Vertretern der Konfessionen: Beim katholischen Pfarrer in Großbardorf und im Kloster Maria Bildhausen begegnete Friedrich Rückert in Begleitung seines Vaters bei Amtsgeschäften ihm fremden Glaubenswelten, schließlich war er selbst – wie auch die meisten Dorfbewohner Oberlauringens – protestantisch. Eine jüdische Gemeinde war die dritte Glaubensgemeinschaft, die ihm damals begegnete. Der Grundherr hatte ihre Ansiedlung als „Schutzjuden“ und aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus im Dorf unterstützt. Die meisten Dorfbewohner aber waren Bauern und Handwerker. „Ackern und arbeiten“ prägten den Alltag, dabei warf die Landwirtschaft alles Notwendige ab, sogar Weinbau gab es in geringem Umfang. Ein ansehnlicher Viehbestand zeugt vom damaligen bescheidenen Wohlstand. Die meisten Kinder mussten nach der Schule auf den Höfen und Feldern mitanpacken – Friedrich Rückert war als Amtmannsohn eine privilegierte Ausnahme und erhielt stattdessen zusätzlich Privatunterricht beim Pfarrer, der ihn Griechisch und Latein lehrte. In seiner freien Zeit lockte die vielfältige Natur Friedrich Rückert hinaus auf abenteuerliche Streifzüge und weckte eine besondere Sammelleidenschaft: Er sammelte Schneckenhäuser, Vogeleier, Bohnenkerne und Steine, stellte Vögeln nach und fischte Kaulquappen aus der Lauer. Seine Liebe zur Natur mag jedenfalls in Oberlauringen geweckt worden sein…

Mit 14 Jahren – im Jahr 1802 – verließ Friedrich Rückert sein „altes Nest“ Oberlauringen, um in Schweinfurt das Gymnasium zu besuchen. Seine Familie zog bald hinterher – zurück ins Dorf kehrte er nur noch in Erinnerungen.

Poesie zum hören – Audiobeispiele aus der Ausstellung

„Barbarossa“

„Die Winterschule“

„Ein Wintertagebuch“

„Kinderspiele“